Oberseminar: Historische Gewaltforschung: Ansätze, Fragen und Themen

Zeit: Dienstag, 14–16 Uhr, Beginn: folgt, Online-Veranstaltung

Gewalt begegnet uns nicht nur in Kriegen, sondern auch als Teil gesellschaftlicher Konflikte und in Alltagssituationen. Ganz gleich, ob wir eine sozial-, wirtschafts-, politik-, rechts-, kultur-, alltags-, geschlechter- oder mediengeschichtliche Perspektive verfolgen: Das Thema Gewalt ist für Historiker*innen relevant.
Gewaltsames Handeln kann „von unten“ oder „von oben“ ausgehen, ein Mittel politischen und sozialen Protests, aber auch ein Instrument zur Herrschaftssicherung, zur Durchsetzung von Normen und zur Stabilisierung sozialer Hierarchien oder eine ritualisierte Form der Konfliktaustragung in lokalen Gemeinschaften sein. Zugleich ist Gewalt häufig Gegenstand öffentlicher Diskurse. Dabei kann sie von Akteuren als legitim oder illegitim, als politisch, kriminell oder pathologisch angesehen und deklariert werden. Ausmaß, Formen, Bedeutung und Akzeptanz von Gewalt variieren nicht nur zwischen Gesellschaften, sondern sind auch historischem Wandel unterworfen.
Ziel der Veranstaltung ist, klassische und neuere Ansätze zur Erforschung kollektiver und individueller Gewalt vorzustellen und anhand von Beispielen aus der europäischen Geschichte vom späten 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart zu diskutieren. Gemeinsam wollen wir fragen, wie sich unterschiedliche Formen von Gewalt beschreiben, verstehen und erklären lassen. Dabei sollen die Teilnehmer*innen zentrale Themen und Fragestellungen der historischen Gewaltforschung wie auch Theorieangebote der Nachbardisziplinen kennenlernen.
Erwartet wird die Bereitschaft zur Lektüre auch komplexerer theoretisch-methodischer Texte. Sprachnachweise können erworben werden in Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Das Oberseminar findet als Online-Veranstaltung statt.

Einführende Literatur:

  • Friedrich Jaeger: Der Mensch und die Gewalt. Perspektiven der historischen Forschung, in: ders./Jürgen Straub (Hg.), Was ist der Mensch, was Geschichte? Annäherungen an eine kulturwissenschaftliche Anthropologie, Bielefeld 2005, S. 301-324, online unter https://zeithistorische-forschungen.de/reprint/id%3D3913
  • Heinz-Gerhard Haupt: Gewalt und Politik im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts, Göttingen 2012.
  • Trutz von Trotha: Violence, in: The Blackwell Encyclopedia of Sociology 10 (2007), S. 5193-5199.
  • Teresa Koloma Beck/Klaus Schlichte: Theorien der Gewalt zur Einführung, Hamburg ²2017.
  • Thomas Hoebel/Stefan Malthaner (Hg.): Im Brennglas der Situation. Neue Ansätze in der Gewaltsoziologie, Themenheft der Zeitschrift „Mittelweg 36“, 28. (2019), Heft 1/2.
  • Charles Tilly: The Politics of Collective Violence, Cambridge 2003.